1. (1) Da du mich mit ständigen Aufforderungen bedrängt hast, Balbus, so dass meine von Tag zu Tag wiederholte Weigerung eher den Eindruck erweckte, ich wolle mich für meine Trägheit entschuldigen als um Nachsicht bitten, weil die Aufgabe zu schwierig sei, (2) habe ich mich an das unerhört schwierige Unternehmen gemacht, einen verbindenden Text zu den Berichten unseres Caesars über seine Kriegstaten in Gallien zu schreiben, weil seine folgenden Werke mit den vorhergehenden nicht zusammenhängen. Sein letztes, unvollendetes Werk habe ich von den Kämpfen in Alexandria bis zum Schluß, zwar nicht des Bürgerkrieges da ist noch kein Ende abzusehen -, wohl aber bis zum Tod Caesars zu Ende geführt. (3) Ich wünschte nur, dass künftige Leser wissen könnten, wie widerwillig ich an das Verfassen dieser Berichte gegangen bin. Dann fiele der Vorwurf der Torheit und Anmaßung nicht mehr so leicht auf mich, dem ich mich dadurch aussetze, dass ich meinen Bericht in Caesars Schriften einschiebe. (4) Denn es steht bei allen fest, dass kein noch so kunstvolles Werk von anderen verfaßt wurde, das die »Commentarien« nicht an Schönheit überträfen. (5) Obwohl sie herausgegeben wurden, damit es Geschichtsschreibern nicht an Kenntnis so großer Kriegstaten fehle, waren sie nach allgemeinem Urteil so gut, dass es schien, als habe Caesar den Autoren die Möglichkeit genommen, nicht etwa geboten, über seine Taten zu schreiben. (6) Unsere Bewunderung dafür geht jedoch weit über die der anderen hinaus. Denn die anderen kennen sie als gut und sorgfältig überarbeitet, wir jedoch wissen, wie leicht und schnell sie Caesar geschrieben hat. (7) Er besaß nicht nur schriftstellerische Begabung und einen höchst eleganten Stil, sondern auch größte Erfahrung darin, seine Pläne klar darzulegen. (8) Ich hatte nicht einmal Gelegenheit, am alexandrinischen oder africanischen Krieg teilzunehmen. Obwohl mir diese Kriegszüge teilweise aus Gesprächen mit Caesar bekannt sind, hören wir die Dinge doch anders an, wenn uns der Reiz des Unbekannten fesselt, als wenn wir wie ein Zeuge darüber berichten sollen. (9) Wenn ich hier aber auch alle Gründe zusammentragen die mich davor bewahren sollen, mit Caesar verglichen zu werden, so ziehe ich mir doch auf jeden Fall den Vorwurf der Anmaßung zu, weil ich auch nur annehme, irgendein Leser könne mich in seinem Urteil mit Caesar vergleichen. Leb wohl.
2. (1) Nach der Niederwerfung ganz Galliens hatte Caesar den Wunsch, dass sich die Soldaten in der Ruhe der Winterlager von den übermäßigen Anstrengungen erholten, denn im vergangenen Sommer hatte er ununterbrochen Krieg geführt. Doch erhielt er die Nachricht, dass mehrere Stämme zur gleichen Zeit zum Krieg rüsteten und sich insgeheim miteinander verbündeten. (2) Als wahrscheinlicher Grund dafür wurde angegeben, dass inzwischen alle Gallier wüßten, dass man den Römern mit keiner noch so großen Zahl widerstehen könne, wenn man diese an einer Stelle zusammenzog. Wenn dagegen mehrere Stämme an verschiedenen Stellen gleichzeitig einen Krieg anfingen, hätte das römische Heer weder genug Hilfstruppen noch genügend Vorräte; auch seien die Entfernungen zu groß, als dass überall wirksam eingeschritten werden könnte. (3) Daher dürfe sich kein Stamm verweigern, wenn gerade auf ihn das Los des römischen Gegenangriffs fiele, solange die übrigen durch diesen Aufschub Zeit gewännen, für sich die Freiheit wiederzuerlangen.
3. (1) Um diese Meinung in Gallien nicht Fuß fassen zu lassen, übertrug Caesar dem Quaestor M. Antonius das Kommando über sein Winterlager und brach am 29. Dezember... mit einer Reiterschutztruppe von der Stadt Bibracte zur 13. Legion auf, die er in das Gebiet der Bituriger gelegt hatte, nicht weit von den Grenzen zu den Haeduern entfernt. Mit der 13. vereinigte er die 11. Legion, die im nächsten Winterlager stationiert war. (2) Zum Schutz des Trosses ließ er je zwei Cohorten zurück und führte das übrige Heer in das an Vorräten besonders reiche Gebiet der Bituriger. Da diese ein großes Land und mehrere Städte besaßen, hatte die eine Legion, die dort überwinterte, nicht vermocht, sie davon abzuhalten, den Krieg vorzubereiten und geheime Bündnisse einzugehen.
4. (1) Als Caesar so plötzlich eintraf, geschah das, was bei unvorbereiteten und zerstreuten Gegnern eintreten mußte: Die Leute,die ohne alle Befürchtungen ihr Land bebauten, wurden von der Reiterei überwältigt, bevor sie sich in die Städte flüchten konnten. (2) Denn man hatte auf ein Verbot Caesars hin darauf verzichtet, das allgemein bekannte Anzeichen für einen feindlichen Einfall zu geben, den man in der Regel an dem Feuer der in Brand gesteckten Gehöfte erkannte. Caesar wollte damit vermeiden, dass ihm, wenn er weiter vorrücken wollte, der Vorrat an Futter und Getreide ausginge, auch wollte er die Feinde nicht durch das Feuer warnen. (3) Nachdem schon Tausende gefangengenommen worden waren, hatten sich die in Panik versetzten Bituriger zu den angrenzenden Stämmen geflüchtet, soweit sie in dem Augenblick, als die Römer eintrafen, noch entfliehen konnten. Sie vertrauten darauf, dass diese Stämme sich ihren Plänen angeschlossen hatten oder ihnen durch private Gastfreundschaft verbunden waren. (4) Vergeblich, denn in Eilmärschen trat ihnen Caesar überall entgegen und ließ keinem Stamm Zeit, an seine eigene Rettung, geschweige denn an die anderer zu denken. Auf Grund dieser Geschwindigkeit konnte er die Treue der befreundeten Stämme erhalten und veranlaßte die schwankenden infolge ihres Schreckens dazu, über Friedensbedingun2en zu verhandeln. (5) Als den Biturigern derartige Bedingungen vorgeschlagen wurden, sahen sie, dass ihnen infolge der Milde Caesars die Rückkehr in ein freundschaftliches Verhältnis mit ihm offenstand. Da sie gleichzeitig sahen, dass die angrenzenden Stämme ohne jede Bestrafung Geiseln gestellt hatten und Caesar ihre Kapitulation angenommen hatte, folgten sie ihrem Beispiel.
5. (1) Für die große Anstrengung und Ausdauer, mit der die Soldaten in diesen winterlichen Tagen, bei überaus schwierigen Märschen und unerträglicher Kälte alle Mühen besonders eifrig und standhaft ausgehalten hatten, versprach Caesar, ihnen je 200 Sesterzen, 47 den Centurionen als Beute zu schenken, und sandte die Legionen in die Winterlager zurück. Er selbst begab sich am 40. Tag wieder nach Bibracte. (2) Als er dort Gericht hielt, schickten die Bituriger Gesandte zu ihm mit der Bitte, sie gegen die Carnuten zu unterstützen. Sie klagten, diese hätten sie mit Krieg überzogen. (3) Auf diese Nachricht hin führte Caesar, der sich nicht länger als 18 Tage im Winterlager aufgehalten hatte, die 14. und 6. Legion aus ihren Winterlagern vom Arar weg. Wie im letzten Buch erwähnt, hatte er sie dorthin verlegt, um verstärkt für Getreidenachschub sorgen zu lassen. So brach er mit zwei Legionen auf, um gegen die Carnuten zu ziehen.
6. (1) Als die Nachricht vom Anmarsch des Heeres zu den Feinden drang, zogen die Carnuten aus dem Unglück der anderen eine Lehre und verließen ihre Dörfer und Städte. Dort hatten sie gewohnt, nachdem sie rasch kleine Häuser als Notbehelf errichtet hatten, um den Winter zu überdauern, denn infolge ihrer jüngsten Niederlage hatten sie mehrere Städte verloren. jetzt flohen sie nach allen Richtungen. (2) Caesar legte sein Lager in die carnutische Stadt Cenabum, weil er nicht wollte, dass seine Soldaten den gerade in dieser Zeit besonders heftigen und starken Stürmen ausgesetzt würden, Er brachte die Soldaten zusammengepfercht teils in den Häusern der Gallier unter, teils in Hütten, die er an die Häuser anbauen ließ. Sie bestanden aus Stroh, das man schnell gesammelt hatte, um die Zelte zu decken. (3) Die Reiter und die Fußsoldaten der Hilfstruppen entsandte er dagegen in alle die Richtungen, in die sich die Feinde gewandt haben sollten. Und nicht vergeblich, denn unsere Leute kehrten meist im Besitz großer Beute zurück. (4) Die Carnuten gerieten durch den harten Winter und die ständige Furcht vor der Gefahr sehr in Bedrängnis. Aus ihren Häusern vertrieben, wagten sie nicht, sich an irgendeinem Ort länger aufzuhalten, auch konnten sie wegen des überaus harten Winters die Wälder nicht als Schutz benutzen, um sich zu verbergen. Sie verloren einen großen Teil ihrer Habe, zerstreuten sich in alle Richtungen und verteilten sich schließlich auf die angrenzenden Stämme.
7. (1) Caesar begnügte sich in dieser ungemein schwierigen Jahreszeit damit, alle Ansammlungen von Feinden zu zerstreuen, um zu verhindern, dass irgendwo ein Krieg entstände. Soweit er das berechnen konnte, war er überzeugt, dass vor Anbruch des Sommers kein bedeutender Krieg ausbrechen würde. Daher legte er C. Trebonius mit den zwei Legionen, die er bei sich hatte, nach Cenabum ins Winterlager. (2) Caesar erfuhr jedoch durch zahlreiche Gesandtschaften der Remer, dass die Bellovacer, die an Kriegsruhm alle Gallier und Belger übertrafen, ebenso wie die ihnen benachbarten Stämme unter der Führung des Bellovacers Correus und des Atrebaten Commius Heere ausrüsteten und an einem Ort zusammenzogen, um mit der gesamten Streitmacht einen Einfall in das Gebiet der Suessionen zu machen, die unter der Herrschaft der Remer standen. Da glaubte er, nicht nur sein Ansehen, sondern auch die Sorge um seine Sicherheit erfordere es, die Bundesgenossen, die sich so ausgezeichnete Verdienste um das römische Volk erworben hatten, kein Unglück treffen zu lassen. (3) Daher berief er die 11. Legion wieder aus dem Winterlager ab, schickte Briefe an C. Fabius mit der Anweisung, die zwei Legionen, die er bei sich hatte, ins Gebiet der Suessionen zu führen, und forderte eine von den beiden Legionen an, die T. Labienus führte. (4) So belastete er die Legionen abwechselnd mit Kriegszü5en,wieesdiePosition ihrer Winterlager und die strategische Lage jeweils erforderte, wobei er sich selbst ständiger Anstrengung unterzog.
8. (1) Als er die Truppen zusammengezogen hatte, brach er in das Gebiet der B auf, errichtete dort ein Lager und sandte Reiterabteilungen nach allen Richtungen aus, um Gefangene zu machen, von denen er erfahren könnte, was die Feinde planten. (2) Die Reiter führten ihren Auftrag aus und meldeten, sie hätten auf den Gehöften einige Leute gefunden, die nicht etwa dort zurückgeblieben seien, um die Felder zu bestellen, denn die Bellovacer hätten allgemein das Land verlassen, sondern diese hätte man als Kundschaftet 7,urückgeschickt. (3) Als Caesar von den Gefangenen wissen wollte, wo sich die Hauptmacht der Bellovacer befinde und was sie planten, (4) erfuhr er, dass sich alte kriegstauglichen Bellovacer an einem Ort versammelt hätten, ebenso die Ambiariet, Aulercer, Caleten, Veliocasser und Atrebaten. Für ihr Lager hätten sie im Wald eine hochgelegene Stelle ausgewä2t, die ein Sumpf einschließe; den gesamten Troß hätten sie in die dahinterliegenden Wälder gebracht. Es gäbe zwar mehrere Anstiften des Krieges, aber die Menge höre vor allem auf Correus, weil sie wüßte, dass er das römische Volk am erbittertsten hasse. (5) Wenige Tage zuvor sei Commius aus dem Lager abmarschiert, um Germanen als Hilfstruppen heranzuführen, die in unmittelbarer Nähe lebten und deren Zahl unermeßlich groß sei. (6) Die Bellovacer hätten mit Zustimmung aller Führer und unter größter Begeisterung des ganzen Volkes beschlossen, Caesar eine Schlacht anzubieten, wenn er, wie verlautet war, mit drei Legionen anrücke. Damit wollten sie vermeiden, später unter ungünstigeren und härteren Bedingungen zum Entscheidungskampf mit dem gesamten Heer gezwungen zu werden. (7) Wenn Caesar allerdings stärkere Truppen heranführe, wollten sie an der Stelle bleiben, die sie ausgesucht hatten. Sie wollten die Römer jedoch aus dem Hinterhalt an der Beschaffung von Futter hindern, das es wegen der Jahreszeit nur in geringen Mengen und vereinzelt gab, ebenso an der Beschaffung von Getreide und anderem Nachschub.
9. (1) Caesar erfuhr dies übereinstimmend von mehreren Gefangenen und hielt die Pläne, die die Feinde gefaßt hatten, fit sehr klug und weit entfernt von dem sonstigen unüberlegten Vorgehen der Barbaren. Er beschloß daher, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass die Feinde sich schneller zu einer Schlacht stellten, weit sie die kleine Zahl seiner Truppen verachteten. (2) Er hatte nämlich die 7., 8. und 9. Legion zur Verfügung, die altgedient und von einzigartiger Tapferkeit waren, dazu die 11., die zu höchsten Hoffnungen berechtigte, da sie aus ausgesuchten jungen Männern bestand. Obwohl sie schon acht Dienstjahre hinter sich hatte, war sie dennoch in ihrer Einschätzung an Alter und Tapferkeit noch nicht mit den übrigen zu vergleichen. (3) Caesar berief also einen Kriegsrat ein, legte dem Heer alles dar, was ihm zugetragen worden war, und ermutigt die Soldaten. Für den Fall, dass er die Feinde mit einer Z 1 von drei Legionen zum Kampf veranlassen könnte, stellte er den Heereszug so auf, dass die,7., 8. und 9. Legion vor dein gesamten Troß marschierten. Ihnen sollte der Zug des ganzen Trosses folgen, der damals jedoch gering war, wie es bei kleineren Zügen gewöhnlich ist. Die 11. Legion bildete den Schluß des Zuges, damit die Feinde nicht den Eindruck gewännen, es seien mehr Römer, als sie sich für einen Kampf gewünscht hatten. (4) Auf diese Weise stellte Caesar einen fast quadratischen Heereszug.. auf und führte das Heer schneller in Sichtweite der Feinde, als diese es erwartet hatten.
10. (1) Als die Gallier, deren siegessichere Pläne Caesar hinterbracht worden waren, sahen, wie die Legionen im Marschschritt wie zur Schlacht aufgestellt heranrückten, stellten sie ihre Truppen vor dem Lager auf und kamen von ihrer erhöhten Stellung nicht herunter, sei es, weil ihnen ein Kampf zu gefährlich schien, sei es, weil unsere Ankunft sie Überraschte, sei es, weil sie unsere Pläne abwarten wollten. (2) Obwohl Caesar eine Schlacht gewünscht hatte, beeindruckte ihn doch eine so große Anzahl von Feinden, so dass er sein Lager den Feinden gegenüber errichtete. Dazwischen lag ein Tal, das nicht sehr breit, aber tief eingeschnitten war. (3) Caesar ließ das Lager mit einem Wall von zwölf Fuß befestigen und diesen mit Rücksicht auf seine Höhe nur mit einer kleinen Brustwehr versehen, zugleich einen doppelten Graben von je 15 Fuß Breite mit senkrechten Wänden anlegen, ebenso zahlreiche drei Stockwerk hohe Türme aufrichten, je durch überdeckte Laufbrücken miteinander verbunden waren. (4) Ihre Front ließ er durch eine kleine Brustwehr aus Weidengeflecht schützen. So wurde das Heer durch einen doppelten Graben und dazu durch eine doppelte Kampflinie geschätzt: Die eine befand sich auf den Brücken, die nicht nur wegen ihrer Höhe mehr Sicherheit boten, sondern auch möglich machten, die Wurfgeschosse kühner und weiter bis zum Ziel zu schleudern. Die andere Linie, die er näher am Feind auf dem Wall selbst aufstellte, wurde durch die Brücke vor von oben einschlagenden Wurf geschossen geschützt. An den Toren ließ er zudem Torhügel und höhere Türme anbringen.
11. (1) Mit dieser Befestigung verfolgte Caesar ein zweifaches Ziel: Einmal hoffte er, dass der Umfang der Befestigung und seine scheinbare Furcht die Zuversicht der Barbaren stärken würden, andererseits war ihm klar, dass er das Lager auf Grund seiner guten Befestigung auch mit einer kleinen Besatzung verteidigen könnte, denn zur Futter und Getreidebeschaffung mußten sich die Soldaten ziemlich weit entfernen. (2) Währenddessen wurde wiederholt zwischen den beiden Lagern gekämpft, doch stürmten von beiden Seiten, jeweils nur kleine Gruppen vor, weil sich ein Sumpf zwischen den Lagern befand. Unsere gallischen und germanischen Hilfstruppen überschritten dennoch einige Male diesen Sumpf und verfolgten den Feind recht stürmisch, doch kamen auch umgekehrt die Feinde herüber und trieben die Unseren ziemlich weit zurück. (3) Beim täglichen Futterholen trat das ein, was eintreten mußte, weil man nur in wenigen, verstreut liegenden Gehöften Futter auftreiben konnte. Unsere Futterholer wurden eingekreist, weil sie sich infolge des unwegsamen Geländes verteilen mußten. (4) Obwohl dieser Umstand für uns nur einen geringen Verlust an Zugvieh und Sklaven mit sich brachte, veranlaßte er dennoch die Barbaren zu törichten Überlegungen, und das um so mehr, als Commius, der, wie erwähnt, aufgebrochen war, um germanische Hilfstruppen zu holen, jetzt mit Reitern eingetroffen war. Obwohl ihre Zahl nicht mehr als 500 betrug, erfüllte die Ankunft der Germanen die Barbaren mit großer Kampfeslust.
12. (1) Als Caesar bemerkte, dass der Feind mehrere Tage in seinem Lager blieb, das durch den Sumpf und die Beschaffenheit des Geländes gut geschätzt war, so dass es nicht ohne verlustreiche Kämpfe erobert und auf Grund seiner Lage nur von einem größeren Heer mit Belagerungswerken eingeschlossen werden konnte, sandte er einen Brief an Trebonius mit dem Befehl, so schnell wie möglich die 13. Legion an sich zu ziehen, die unter dem Kommando des Legaten T. Sextius im Gebiet der Bituriger überwinterte. Mit den drei Legionen... sollte er dann in Eilmärschen zu ihm stoßen. (2) In der Zwischenzeit ließ Caesar aus der großen Zahl von Reitern, die er einberufen hatte, abwechselnd die der Remer, der Lingonen und der übrigen Stämme den Futterholern als Begleitschutz mitgeben. Sie sollten plötzliche Überfälle der Feinde zurückschlagen.
13. (1) Da sich dies täglich wiederholte, ließ die Vorsicht der Soldaten auf Grund der Gewöhnung etwas nach, was auf die Dauer regelmäßig geschieht. Da suchten die Bellovacer eine Schar von Fußsoldaten aus und legten sie an verschiedenen Stellen im Wald in einen Hinterhalt, nachdem sie die täglichen Stellungen unserer Reiter erkundet hatten. Am folgenden Tag schickten sie die Reiter dorthin, (2) die zunächst einmal unsere Reiter weglocken sollten. Wenn die Fußtruppen, die im Hinterhalt lägen, sie eingekreist hätten, sollten sie angreifen. (3) Zufällig traf dieses Unglück die Remer, denen an diesem Tag die Auf gäbe zugefallen war, die Schutztruppe zu bilden. Als sie plötzlich die feindlichen Reiter erblickten, schätzten sie die kleine Schar gering ein, da sie zahlenmäßig überlegen waren. Sie verfolgten sie daher stürmisch und waren plötzlich auf allen Seiten von Fußsoldaten umgeben. (4) Dadurch gerieten sie in Verwirrung und zogen schneller als für ein Reitergefecht üblich ab, wobei sie ihren Stammesfürsten Vertiscus verloren, der die Reiterei anführte. (5) Obwohl sich Vertiscus auf Grund seines Alters kaum noch auf dem Pferd halten konnte, hatte er sich nach gallischem Brauch nicht mit seinem Alter entschuldigt, um das Kommando über die Reiter nicht übernehmen zu müssen, und auch nicht gewollt, dass man ohne ihn kämpfte. (6) Der günstige Ausgang des Kampfes ließ den Mut der Feinde wachsen und stachelte sie an, vor allem, weil der Fürst und Anführer der Remer gefallen war. (7) Dagegen bedeuteten die Verluste für unsere Truppen eine Mahnung, das Gelände sorgfältiger zu erkunden, Wachtposten zu verteilen und dem Feind, wenn er zurückwich, nur mäßig weit zu folgen.
14. (1) In der Zwischenzeit wurden die Kämpfe, die täglich an seichten Stellen und Übergängen des Sumpfes in Sichtweite der beiden Lager stattfanden, nicht unterbrochen. (2) Caesar hatte Germanen über den Rhein gebracht, um sie im Verein mit seinen Reitern kämpfen zu lassen. Als sie bei diesen Gefechten alle zusammen den Sumpf überquert hatten, einige Feinde, die Widerstand leisteten, niedergehauen und ihre übrigen Truppen hartnäckig verfolgt hatten, (3) gerieten bei den Feinden nicht nur die, die im Handgemenge bedrängt wurden, sondern auch die, die aus der Ferne verwundet wurden, ebenso wie die, die etwas weiter entfernt sich gewöhnlich zur Unterstützung bereithielten, in Panik, so dass sie feige die Flucht ergriffen. Sie hielten damit nicht eher ein, als bis sie sich ins Lager der Ihren gerettet hatten, auch wenn sie dabei oft höher gelegene Stellungen aufgaben. Einige trieb sogar die Scham, noch weiter zu fliehen. (4) Ihre Haltung gegenüber dieser Gefahr brachte die Gesamtheit der feindlichen Soldaten so in Verwirrung, dass schwer zu entscheiden war, ob nach winzigen Erfolgen ihr Übermut oder nach mäßigen Niederlagen ihre Furcht größer war.
15. (1) Als die Bellovacer mehrere Tage in demselben Lager verbracht hatten, erfuhren ihre Anführer, dass der Legat C. Trebonius mit seinen Legionen in die Nähe gekommen sei. Da sie Furcht vor einer Belagerung ähnlich der Alesias hatten, schickten sie bei Nacht gemeinsam mit dem übrigen Troß die Leute fort, die sie auf Grund ihres Alters oder ihrer Kräfte für zu schwach hielten oder für ganz kriegsuntauglich. (2) Während sie den durcheinandergeratenen und ungeordneten Zug dieser Menschen zu entwirren suchten - gewöhnlich folgt auch den kampfbereiten Galliern eine große Anzahl von Wagen -, überraschte sie das Tageslicht. Die Gallier stellten daher bewaffnete Truppen vor dem Lager auf, um die Römer daran zu hindern, sich an die Verfolgung des Zuges mit dem Troß zu machen, ehe dieser etwas weiter vorangekommen wäre. (3) Caesar schien es zwar nicht geraten, den zur Gegenwehr entschlossenen Feind die starke Steigung hinauf anzugreifen, hielt es aber für angebracht, die Legionen so weit vorrücken zu lassen, dass die Barbaren wegen der bedrohlichen Nähe der Soldaten nur unter großer Gefahr von dem Platz abziehen konnten. (4) Caesar erkannte zwar, dass, da die Lager durch den unzugänglichen Sumpf voneinander getrennt waren, der schwierige Obergang eine schnelle Verfolgung des Feindes verzögern konnte, doch sah er, dass zwischen dem Bergrücken, der sich jenseits des Sumpfes fast bis zum feindlichen Lager zog, und dem Hügellager selbst nur ein mäßig tiefes Tag lag. Er ließ daher Knüppelwege über den Sumpf anlegen, führte die Legionen hinüber und gelangte schnell auf die Hochebene des Bergrückens, die auf zwei Seiten durch stelle Abhänge geschützt war. Hier ließ er die Legionen antreten und zum En e des Gebirgskamms marschieren. (5) Er stellte sie an der Stelle in Schlachtordnung auf, von der aus man mit einer Wurfmaschine Geschosse auf die keilförmigen Abteilungen der Feinde schleudern konnte.
16. (1) Da die Barbaren auf die Gunst des Geländes vertrauten, wollten sie einerseits einem Kampf nicht aus dem Weg gehen, wenn die Römer vielleicht versuchen sollten, die Anhöhe hinaufzukommen, andererseits wagten sie nicht, ihre Truppen, die sich nach und nach auf das Gelände verteilt hatten, zu entlassen, um sie nicht vereinzelt in Gefahr zu bringen. So blieben sie in Schlachtordnung aufgestellt. (2) Als Caesar erkannte, dass sie dabei verharrten, ließ er 20 Cohorten in Schlachtordnung aufmarschieren, gleichzeitig an dieser Stelle ein Lager ausmessen und befestigen. (3) Nach Beendigung dieser Arbeit stellte er vor dem Lagerwall die kampfbereiten Legionen auf und verteilte die Reiter mit aufgezäumtem Pferd auf verschiedene Standorte. (4) Als die Bellovacer sahen, dass die Römer zur Verfolgung bereitstanden, so dass sie nicht länger ohne Gefahr an derselben Stelle bleiben, geschweige denn dort übernachten konnten, faßten sie folgenden Rückzugsplan: (5) An der Stelle, an der sie sich niedergelassen hatten -wie Caesar in den vorhergehenden »Commentarien« schildert, waren die Gallier gewöhnt, sich auf dem Schlachtfeld zu lagern -, reichten sie von Hand zu Hand Bündel aus Stroh und Reisig weiter, wovon es in ihrem Lager große Mengen gab, und schichteten es vor der Front auf. Beim letzten Tageslicht zündeten sie auf ein Rufzeichen hin alles auf einmal an. Das zusammenhängende Feuer entzog plötzlich ihre gesamten Truppen den Blicken der Römer. (6) Sobald dies eintrat, liefen die Barbaren in wilder Flucht davon.
17. (1) Obwohl Caesar den Abzug der Feinde nicht wahrnehmen konnte, da das Feuer dazwischenlag, vermutete er, dass sie diese Maßnahme getroffen hatten, um zu fliehen. Erließ daher die Legionen vorrücken und schickte die Reiterabteilungen zur Verfolgung aus. Da er jedoch einen Hinterhalt fürchtete, weil die Feinde vielleicht an derselben Stelle stehenblieben und nur versuchten, unsere Soldaten auf ungünstiges Gelände zu locken, ging er selbst ziemlich langsam vor.(2) Die Reiter fürchteten sich, in den Rauch und die lebten Flammen hineinzureiten; wenn einige es etwas stürmischer taten, konnten sie kaum das Vorderteil ihrer eigenen Pferde sehen, so dass auch sie einen Hinterhalt fürchteten und daher den Bellovacern ungehinderte Möglichkeit zum Rückzug gaben. (3) So kamen die Feinde in einer Flucht, die sich gleichermaßen durch Furcht und Schlauheit auszeichnete, ohne jeden Verlust etwa 10 Meilen voran und errichteten an einem überaus gut geschätzten Ort ein Lager. (4) Da sie von dort aus wiederholt Reiter und Fußsoldaten in einen Hinterhalt legten, fügten sie den Römern große Verluste zu, wenn diese Futter beschafften.
18. (1) Nachdem dies wiederholt geschehen war, erfuhr Caesar von einem Gefangenen, dass der Anführer der Bellovacer, Correus, 6000 besonders tapfere Fußsoldaten und aus der Gesamtzahl der Reiter 1000 ausgewählt habe, um sie an der Stelle in den Hinterhalt zu legen, von der er annahm, dass die Römer Soldaten dorthin schicken würden, um Futter zu holen. Denn es gab dort reichlich Getreide und Futter. (2) Als Caesar von diesem Plan erfuhr, ließ er mehr Legionen als gewöhnlich ausziehen und schickte die Reiter voraus, die er den Futterholern auch sonst in der Regel als Schutz mitgab. (3) Unter die Reiterei mischte er leichtbewaffnetes Fußvolk. Er selbst rückte mit den Legionen nach, so nahe er konnte.
19. (1) Die Feinde hatten für den bevorstehenden Kampf ein Gelände ausgewählt, das sich nach allen Seiten nicht weiter als eine Meile erstreckte und ringsum durch undurchdringliche Wälder und einen sehr tiefen Fluß gesichert war. Hier legten sie sich an verschiedenen Punkten in den Hinterhalt und schlossen damit das Gelände wie bei einem Kesseltreiben ein. (2) Da ihr Plan bekannt war, kamen unsere Reiter, auf eine Schlacht eingestellt und gut bewaffnet, in einzelnen Abteilungen dorthin. Weil ihnen die Legionen auf dem Fuße folgten, waren sie entschlossen, den Kampf aufzunehmen. (3) Als sie eintrafen, glaubte Correus, hier biete sich ihm eine Gelegenheit zum Kampf, so dass er zunächst mit einer kleinen Schar erschien und die ersten Reiterabteilungen angriff. (4) Unsere Soldaten leisteten dem Ansturm der Feinde, die aus dem Hinterhalt erschienen, hartnäckig Widerstand. Zudem drängte sich auch nicht eine größere Zahl an einer einzigen Stelle zusammen; denn wenn dies bei Reitergefechten geschieht, dann meist aus Furcht, wobei sich die Reiter dann durch ihre große Zahl selbst schaden.
20. (1) Weil unsere Reiterabteilungen verteilt waren, kämpften jeweils nur wenige, und sie ließen es daher auch nicht zu, dass man sie von den Flanken her umzingelte. Infolgedessen brachen nun auch die anderen Feinde aus den Wäldern hervor, während sich Correus im Gefecht befand. So wurde an verschiedenen Stellen und unter Anspannung aller Kräfte gekämpft. (2) Als sich das Gefecht er längere Zeit mit unentschiedenem Ausgang hingezogen hatte, kamen nach und nach aus den Wäldern eine große Anzahl von Fußsoldaten in Schlachtordnung heran, die unsere Reiter zwangen zurückzuweichen. Doch kamen diesen schnell die 1-eichtbewaffneten Fußsoldaten zu Hilfe, die Caesar, wie erwähnt, den Legionen vorangeschickt hatte. Im Verein mit unseren Reiterabteilungen schlugen sie sich hartnäckig. (3) Wieder wurde eine Zeitlang mit gleicher Anstrengung gekämpft. So, wie ein solches Gefecht aussehen mußte, erlangten dann jedoch die, die den ersten aus dem Hinterhalt vorgetragenen Angriff der Feinde abgewehrt hatten, die Oberhand, denn da sie auf den Angriff aus dem Hinterhalt vorbereitet waren, hatten sie keine Verluste erlitten. (4) Inzwischen rückten auch die Legionen näher, wobei die Feinde gleichzeitig mit unseren Soldaten durch zahlreiche Boten die Nachricht erhielten, der Oberbefehlshaber sei mit kampfbereiten Truppen zur Stelle. (5) Im Vertrauen auf den Schutz der Cohorten kämpften daraufhin unsere Soldaten besonders hitzig, um nicht, wenn sie für den Kampf zu lange brauchten, den Anschein zu erwecken, sie hätten die Ehre des Sieges mit den Legionen teilen müssen. (6) Den Feinden sank der Mut, so dass sie in verschiedene Richtungen flohen. Vergeblich: Das schwierige Gelände, in dem sie uns hatten einschließen wollen, hielt sie jetzt selbst auf. Sie wurden schließlich überwältigt und völlig geschlagen. (7) Nach Verlust des größeren Teils ihrer Soldaten flohen sie bestürzt und entsetzt, wo auch immer sie sich zufällig befanden, teils in die Wälder', teils zum Fluß. (8) Doch auch auf der Flucht wurden sie von unseren Soldaten stürmisch verfolgt und niedergemacht, während in der Zwischenzeit Correus, den kein Unglück erschütterte, nicht dazu gebracht werden konnte, aus dem Kampf in Richtung auf die Wälder zu fliehen, geschweige denn unserer Aufforderung nachzukommen, sich zu ergeben. Statt dessen kämpfte er aufs tapferste weiter, verwundete einige Soldaten und zwang die von Zorn erfüllten Sieger, ihn mit ihren Geschossen zu töten.
21. (1) Nach diesem Erfolg traf Caesar auf dem Schlachtfeld ein, kaum dass der Kampf vorüber war. Da er glaubte, die Feinde würden auf die Nachricht von einer derartigen Niederlage hin ihr Lager verlassen, das nicht weiter als etwa 8 Meilen vom Schlachtfeld entfernt sein sollte, rückte er mit seinem Heer über den Fluß... vor, obwohl er sah, dass der Vormarsch durch das Übersetzen erschwert wurde. (2) Wider alles Erwarten suchten bei den Bellovacern und den Übrigen Stämmen nur einige wenige Verwundete Zuflucht, die dank der Wälder dem Tod hatten entkommen können. Nachdem alles zu ihrem Unglück ausgeschlagen war Correus war tot, sie hatten die gesamte Reiterei und die tapfersten Fußsoldaten verloren -, war die Niederlage nun allen klar. Da beriefen sie schnell mit der Tuba eine Versammlung ein und forderten lautstark, man solle Gesandte und Geiseln zu Caesar schicken, weil sie glaubten, die Römer rückten heran.
22. (1) Als alle den Vorschlag billigten, floh der Atrebate Commius zu den Germanen, von denen er für diesen Krieg Hilfstruppen geliehen hatte. (2) Die anderen schickten auf der Stelle Gesandte an Caesar und baten, er möge sich mit der Bestrafung der Feinde begnügen, die er auf Grund seiner Menschlichkeit und Milde gewiß nie über sie verhängt hätte, wenn er sie ohne Kampf, als sie noch alle unversehrt waren, hätte festsetzen können. (3) Die Streitmacht der Bellovacer sei in dem Reitergefecht völlig vernichtet worden, viele Tausende ausgewählter Fußsoldaten seien umgekommen, kaum jemand sei entronnen, der die Niederlage hätte melden können. (4) Dennoch hätten die Bellovacer in dieser Schlacht trotz dieses so großen Unglücks einen großen Vorteil erlangt, da Correus tot sei, der Anstifter des Krieges, der die Menge aufgehetzt habe. Zu seinen Lebzeiten habe der Adel in ihrem Stamm niemals die gleiche Macht besessen wie die unerfahrene Menge.
23. (1) Als die Gesandten so baten, hielt Caesar ihnen folgendes entgegen: Im vorigen Jahr hätten die Bellovacer und die übrigen Stämme Galliens alle zum gleichen Zeitpunkt den Krieg begonnen. Vor allem ihr Stamm sei hartnäckig bei seinem Vorsatz geblieben und habe nicht, wie die übrigen, mit einer Kapitulation zur Vernunft zurückgefunden. (2) Er wisse sehr wohl, dass man besonders gern die Schuld an Verbrechen Toten zuschiebe. Niemand könne jedoch so mächtig sein, dass er gegen den Willen des Adels, gegen den Widerstand aller Vernünftigen mit einer kleinen Schar niederen Volkes einen Krieg anstiften und durchfuhren könne. Dennoch werde er sich mit der Bestrafung zufriedengeben, die sie sich selbst zugezogen hätten.
24. (1) In der folgenden Nacht überbrachten die Gesandten ihrem Stamm Caesars Antwort. Sie holten Geiseln zusammen. Rasch kamen nun auch die Gesandten der übrigen Stämme, die die Entscheidung über die Bellovacer abgewartet hatten. (2) Sie stellten Geiseln und folgten Caesars Anordnungen, mit Ausnahme des Commius, den die Furcht abhielt, sein Wohlergehen irgend jemandem auf Treu und Glauben anzuvertrauen. (3) Denn als Caesar im vergangenen Jahr im diesseitigen Gallien Gerichtstage abhielt, hatte T. Labienus erfahren, dass Commius die Stämme aufhetzte und zur Verschwörung gegen Caesar anstiftete. Labienus hatte jedoch geglaubt, er könne dieses treulose Verhalten unterbinden, ohne sich den Vorwurf eines Vertrauensbruches zuzuziehen. (4) Da er nicht glaubte, Commius werde einem Ruf ins Lager folgen, ihn jedoch auch nicht durch einen Versuch dazu mißtrauisch machen wollte, entsandte er C. Volusenus Quadratus. Er sollte eine Unterredung mit Commius vortäuschen und dafür sorgen, dass dieser getötet wurde, Zu diesem Zweck hatte ihm Labienus ausgesuchte und geeignet erscheinende Centurionen mitgegeben. (5) Als man zu der Unterredung zusammenkam und Volusenus Commius, wie vereinbart, bei der Hand gefaßt hatte, konnte der betreffende Centurio, weil ihn dieses ungewöhnliche Vorhaben verwirrte oder aber die Freunde des Commius ihn schnell zurückhielten, Commius nicht umbringen. Dennoch wurde dieser durch den ersten Schwertstreich schwer am Kopf getroffen. (6) Als nun beide Seiten das Schwert zogen geschah dieses bei beiden nicht so sehr in der Absicht zu kämpfen als vielmehr, die Flucht zu sichern, denn auf unserer Seite glaubte man, dass Commius tödlich getroffen sei, die Gallier dagegen erkannten, dass sie in einen Hinterhalt geraten waren, und fürchteten noch mehr, als sie sahen. Daraufhin soll Commius beschlossen haben, sich niemals wieder in die Gegenwart eines Römers zu begeben.
25. (1) Nach dem entscheidenden Sieg über diese äußerst kriegerischen Stämme gab es, wie Caesar sah, keinen Stamm mehr, der sich zum Krieg rüstete, um ihm Widerstand zu leisten. Da er zudem bemerkte, dass viele sogar die Städte verließen und von ihren Feldern f lohen, um sich der gegenwärtigen Herrschaft zu entziehen, beschloß er, das Heer in mehrere Gruppen zu teilen und zu entlassen. (2) Den Quaestor M. Antonius behielt er mit der 12. Legion bei sich. Den Legaten C. Fabius sandte er mit 25 Cohorten in den entlegensten Teil Galliens, weil er hörte, dass dort einige Stämme unter Waffen stünden. Er hielt daher die zwei Legionen unter dem Legaten C. Caninius Rebilus, die in diesem Gebiet... standen, für nicht schlagkräftig genug. (3) T. Labienus berief er zu sich, während er die 15. Legion, die unter Labienus im Winterlager gestanden hatte, in die Gallia togata entsandte, um den Schutz der römischen Colonien zu übernehmen. Damit wollte er verhindern, dass durch einen Einfall der Barbaren ein ähnliches Unglück geschähe, wie es im vergangenen Sommer bei den Tergestinern eingetreten war, die durch einen überraschenden Raubzug und Angriff der 11lyrer überwältigt worden waren. (4) Er selbst brach auf, um das Gebiet des Ambiorix gründlich zu verwesten. Da Ambiorix voll Schrecken geflohen war, hatte Caesar die Hoffnung aufgegeben, ihn selbst in seine Gewalt bekommen zu können, doch hielt er es für das nächste Ziel, das seinem Ansehen angemessen war, das Gebiet des Ambiorix, Bewohner, Gehöfte und Vieh, so zu verwesten, dass Ambiorix keine Möglichkeit mehr hätte, zu seinem Stamm zurückzukehren, weil seine Stammesgenossen ihn auf Grund eines derart großen Unglücks hassen würden, wenn das Schicksal noch einige übrigließe.
26. (1) Als Caesar Legionen oder Hilfstruppen in alle Teile des Gebiets des Ambiorix ausgesandt und alles durch Mord, Brand und Raub hatte verwesten lassen, wobei eine große Anzahl der Bewohner umgekommen oder in Gefangenschaft geraten war, sandte er T. Labienus mit zwei Legionen zu den Treverern. (2) Dieser Stamm unterscheidet sich in der Lebensweise und Wildheit nicht sehr von den Germanen, weil er in ihrer Nachbarschaft lebt und täglich mit ihnen Krieg führen muß. Auch folgte er Anweisungen nur, wenn er durch ein Heer dazu gezwungen wurde.
27. (1) Inzwischen hatte der Legat C. Caninius durch Boten und Briefe des Duratius erfahren, dass sich eine große Anzahl von Feinden im Gebiet der Pictonen gesammelt habe. Duratius hatte stets die freundschaftlichen Beziehungen mit den Römern aufrechterhalten, auch als ein Teil seines Stammes abgefallen war. Caninius eilte daher in Richtung auf die Stadt Lemonum. (2) Als er dort eintraf, erfuhr er von Gefangenen mit noch größerer Sicherheit, dass Dumnacus, der Führer der Anden, mit vielen Tausend Menschen Duratius in Lemonum eingeschlossen hatte und die Stadt bestürmte. Da Caninius nicht wagte, den Feinden mit zwei schwachen Legionen entgegenzutreten, errichtete er an einer geschätzten Stelle ein Lager. (3) Als Dumnacus erfuhr, dass Caninius anrücke, wandte er sich mit allen Truppen gegen die Legionen und ging daran, das römische Lager zu stürmen. (4) Da er jedoch einige Tage mit der Belagerung hinbrachte, ohne einen Teil der Befestigung einreißen zu können, während er selbst große Verluste erlitt, wandte er sich erneut der Belagerung von Lernonum zu.
28. (1) Zur gleichen Zeit, als der Legat C. Fabius die Kapitulation einiger Stämme annahm und sie durch die Stellung von Geiseln sicherte, erfuhr er durch einen Brief des Caninius, was bei den Pictonen vor sich ging. Da brach er auf, um Duratius zu Hilfe zu kommen. (2) Als Dumnacus von seinem Anrücken erfuhr, sah er, dass es ein hoffnungsloses Unternehmen wäre, wenn er gezwungen würde, dem Feind von außen Widerstand zu leisten und gleichzeitig die Einwohner der Stadt mit Furcht und Argwohn zu Beobachten. Er gab daher mit seinen Truppen überraschend die Belagerung auf und hielt sich nicht eher für ausreichend Sicher, bis er mit seinen Truppen über den Fluß gesetzt wäre. Da dieser sehr breit war, mußte man ihn auf einer Brücke überqueren. (3) Obwohl Fabius den Feind noch nicht zu Gesicht bekommen und sich noch nicht mit Caninius vereinigt hatte, vermutete er, die erschrockenen Feinde würden sich ebendahin wenden, wohin sie in der Tat zogen, denn Ortskundige hatten ihn über die Gegend aufgeklärt. (4) Er eilte daher mit seinen Truppen auf dieselbe Brücke zu und gab den Reitern den Befehl, dem Zug der Legionen nur so weit vorauszureiten, wie sie es tun könnten, ohne die Pferde zu ermüden, so dass sie sich dann wieder in das alte Lager zurückziehen könnten.' (5) Unsere Reiter verfolgten den Zug des Dumnacus wie befohlen und gingen gegen ihn vor. Sie griffen die erschrockenen Feinde, die durch ihr Gepäck gehindert waren, auf ihrem Fluchtweg an, machten große Beute und töteten viele. Nach diesem Erfolg zogen sie sich wieder ins Lager zurück.
29. (1) 1n der Folgenden Nacht schickte Fabius die Reiter voraus, die gerüstet waren, den feindlichen Heereszug anzugreifen und aufzuhalten. Er selbst folgte nach. (2) Der Reiterpraefect Q. Atius Varus, der sich durch besondere Klugh7eit und einzigartigen Mut auszeichnete, feuerte seine Soldaten an, das Unternehmen befehlsgemäß durchzuführen. Als er die Feinde erreicht hatte, verteilte er einige Reiterabteilungen auf geeignete Punkte, mit anderen verwickelte er die feindlichen Reiter in einen Kampf. (3) Die Reiterei der Feinde kämpfte ungemein verwegen, weil ihr die Fußsoldaten unmittelbar folgten, die mit dem ganzen Zug haltmachten und den Reitern gegen unsere Abteilungen zu Hilfe kamen. (4) Beide Seiten wetteiferten in erbittertem Kampf. Denn da unsere Reiter nach dem Sieg am Vortag die Feinde gering einschätzten, sich zugleich bewußt waren, dass ihnen die Legionen unmittelbar folgten, schlugen sie sich ganz besonders tapfer mit den feindlichen Fußsoldaten, weil sie sich schämten, vor ihnen zu weichen, und gleichzeitig den Kampf allein zu einem entscheidenden Ende zu bringen wünschten. (5) Die Feinde dagegen glaubten, es kämen keine weiteren Truppen hinzu, wie sie es vom Vortag her noch wußten, und hatten hier scheinbar die Gelegenheit, unsere Reiterei völlig zu vernichten.
30. (1) Nachdem man eine Zeitlang unter Anspannung aller Kräfte gekämpft hatte, bildete Dumnacus eine regelrechte Front, damit sich Reiter und Fußsoldaten gegenseitig schätzten. Da erschienen plötzlich die dichtgeschlossenen Reihen der Legionen im Blickfeld Bier Feinde. (2) Ihr Anblick entmutigte die feindlichen Reiterabteilungen, versetzte die Fußsoldaten in Schrecken und brachte den ganzen Zug des Trosses in Verwirrung, so dass die Feinde unter großem Geschrei nach allen Richtungen auseinanderliefen und flohen. (3) Unsere Reiter, die, als die Feinde Widerstand leisteten, kurz zuvor aufs tapferste mit ihnen gekämpft hatten, wurden durch die Freude über den Sieg übermütig, erhoben auf allen Seiten ein großes Geschrei und kreisten die Flüchtigen ein. Solange bei der Verfolgung die Kräfte ihrer Pferde ausreichten und ihre Hände das Schwert führen konnten, hieben sie in diesem Kampf alles nieder, (4) Auf diese Weise fielen auf feindlicher Seite mehr als 12000 Bewaffnete; Männer, die aus Furcht ihre Waffen weggeworfen hatten, und der gesamte umfangreiche Troß wurde erbeutet.
31. (1) Zu Beginn des gallischen Aufstandes hatte der Senone Drappes von überall her verkommenes Gesindel um sich gesammelt, hatte Sklaven zur Freiheit aufgerufen, die Verbannten aus allen Stämmen herbeiholen lassen und Räuber bei sich aufgenommen. Mit all diesen hatte er Troß und Nachschub der Römer abgefangen und erbeutet. Auf der Flucht hatte er jetzt nicht mehr als 2000 Flüchtlinge gesammelt und gemeinsam mit dem Cadurcer Lucterius den Plan gefaßt, sich gegen die Provinz zu wenden. Von Lucterius ist aus dem vorangegangenen »Commentar« bekannt, dass er zu Beginn des gallischen Aufstandes die römische Provinz überfallen wollte. Da die Absichten der beiden sicher bekannt waren, (2) setzte sich der Legat Caninius mit zwei Legionen eilends in Marsch, um sie zu verfolgen; er wollte die Römer nicht in schlechten Ruf kommen lassen, wenn die Raubzüge der Verbrecher in der Provinz Furcht erregten oder Schaden verursachten.
32. (1) Mit dem übrigen Heer brach C. Fabius zu den Carnuten und den übrigen Stämmen auf, deren Truppen in der Schlacht, die er Dumnacus geliefert hatte, geschwächt worden waren. (2) Er hegte keinen Zweifel daran, dass sie sich auf Grund der kürzlichen Niederlage in Zukunft leichter unterwerfen würden, dass Dumnacus sie dagegen nach einer gewissen Zeitspanne und bei Gelegenheit wieder zum Aufstand veranlassen könnte, wenn er sie aufhetzte. (3) Hier hatte Fabius bei der Unterwerfung der Stämme besonders große und schnelle Erfolge. (4) Denn die Carnuten, die niemals einen Frieden erwähnt hatten, obwohl sie häufig unterlegen waren, stellten Geiseln und ergaben sich. Die übrigen Stämme in den entferntesten Gebieten Galliens ebenso wie die an den Ozean grenzenden, die Aremoricer heißen, veranlaßte das Ansehen der Carnuten, beim Eintreffen des Fabius und der Legionen seinen Anordnungen ohne Verzug nachzukommen. (5) Dumnacus, aus seinem Land vertrieben, irrte auf der Suche nach Verstecken umher und war schließlich gezwungen, sich allein in die entlegensten Gebiete Galliens zu flüchten.
33. (1) Als Drappes und Lucterius erfuhren, dass Caninius mit seinen Legionen da sei, glaubten sie, es bedeute für sie das sichere Verderben, in die Provinz einzufallen, wenn unser Heer sie verfolge. Gleichzeitig sei es ihnen auch nicht mehr möglich, frei umherzustreifen und Raubzüge zu unternehmen. Deshalb blieben sie beide im Gebiet der Cadurcer. (2) Da Lucterius bei seinen Stammesgenossen in Friedenszeiten einstmals große Macht gehabt hatte und auch als Anstifter von Aufstandsplänen bei den Barbaren stets großen Einfluß hatte, besetzte er die Stadt Uxellodunum, die sich unter seiner Schutzherrschaft befand und auf Grund ihrer Lage hervorragend geschätzt war, mit seinen und des Drappes Truppen und gewann die Einwohner für sich.
34. (1) Caninus, der sofort dorthin kam, sah, dass alle Teile der Stadt durch überaus steil abfallende Felsen gesichert waren, so dass der Aufstieg für bewaffnete Soldaten schwierig war, selbst wenn die Stadt nicht verteidigt wurde. Er sah aber auch, dass die Einwohner einen umfangreichen Troß besaßen. Sollten sie versuchen, diesen heimlich auf der Flucht mit fortzuschaffen, könnten sie nicht nur nicht den Reitern, sondern nicht einmal den Legionen entkommen. Er teilte daher seine Cohorten in drei Gruppen auf und errichtete an einer sehr hoch gelegenen Stelle drei Lager, (2) ehe er daranging, von hier aus nach und nach, wie es die Zahl seiner Truppen zuließ, um die Stadt herum einen Wall anlegen zu lassen.
35. (1) Als die Einwohner dies bemerkten, erfaßte sie Unruhe, weil sie sich an das unglückliche Schicksal Alesias erinnerten und fürchteten, dass die Belagerung ähnlich verhängnisvoll ausgehe. Lucterius, der die Stadt in diese gefährliche Lage gebracht hatte, forderte unter allen am eindringlichsten, für Getreide zu sorgen. Infolgedessen beschlossen die beiden Anführer mit Zustimmung aller, einen Teil ihres Heeres in der Stadt zurückzulassen und selbst mit kampfbereiten Truppen auszurücken, um Getreide heranzuschaffen. (2) Tier Plan wurde gebilligt, und während 2000 Bewaffnete zurückblieben, zogen in der folgenden Nacht Drappes und Lucterius mit dem Rest der Truppen aus der Stadt. (3) Sie blieben einige Tage fort und beschafften währenddessen aus dem Gebiet der Cadurcer eine große Menge Getreide, wobei die einen sie bereitwillig mit Korn unterstützten, die anderen nicht verhindern konnten, dass man es ihnen wegnahm. Einige Male griffen die Feinde sogar in nächtlichen Streifzügen unsere Castelle an. (4) Daher zögerte Caninius, die gesamte Stadt einzuschließen, weil er fürchtete, eine vollständige Befestigung nicht schützen oder an den meisten Stellen nur schwache Wachmannschaften aufstellen zu können.
36. (1) Nachdem sie eine große Menge Getreide beschafft hatten, gingen Drappes und Lucterius nicht weiter als 1 0 Meilen von der Stadt entfernt in Stellung, um von da aus allmählich das Getreide heimlich in die Stadt zu bringen. Sie teilten die Aufgaben unter sich auf: (2) Drappes blieb mit einem Teil der Truppen zum Schutz des Lagers zurück, Lucterius führte die Wagenkolonne zur Stadt. (3) Nachdem er entlang der Wegstrecke Wachen verteilt hatte, begann er etwa um die 10. Stunde der Nacht, das Getreide auf engen Waldwegen in die Stadt zu bringen. (4) Da die Wachtposten unseres Lagers jedoch das Geräusch hörten, sandte man Späher aus, die meldeten, was vor sich ging. Daraufhin griff Caninius kurz vor Tagesanbruch mit bewaffneten Cohorten aus den nächstgelegenen Castellen schnell die Getreideholer an. (5) Diese gerieten durch den überraschenden Angriff in Schrecken und flohen einzeln zu ihren Wachtposten zurück. Als unsere Soldaten dies sahen, gingen sie noch hitziger gegen die Bewaffneten vor und ließen nicht zu, dass auch nur einer aus ihrer Zahl lebendig gefangen wurde. Mit einigen wenigen seiner Leute floh Lucterius von dort und kehrte nicht mehr ins Lager zurück.
37. (1) Nach diesem Erfolg erfuhr Caninius von Gefangenen, dass sich ein Teil der feindlichen Truppen nicht weiter als 12 Meilen entfernt mit Drappes in einem Lager befinde. Als er dies den Aussagen mehrerer Feinde entnommen hatte, nahm er zwar an, dass nach der Flucht des einen Führers die übrigen leicht in Schrecken versetzt und überwältigt werden könnten, doch hielt er es für einen großen Glücksfall, wenn niemand aus dem Gemetzel ins Lager des Drappes geflohen wäre, um diesem die Nachricht von dem Unglück zu bringen. (2) Er sah es jedoch für ungefährlich an, einen Versuch zu wagen, und sandte die gesamte Reiterei und die germanischen Fußsoldaten, die sich durch besondere Schnelligkeit auszeichneten, zum Lager der Feinde voraus. Er selbst verteilte eine Legion auf die drei Lager und nahm die andere, zum Kampf bereit, mit sich. (3) Als er näher an die Feinde herangekommen war, erfuhr er von Spähern, die er vorausgesandt hatte, dass die Feinde, wie es in der Regel bei den Barbaren geschieht, die Anhöhe aufgegeben und ihr Lager unten an das Ufer des Flusses verlegt hatten; die germanischen Reiter hätten die völlig Ahnungslosen überraschend angegriffen und ihnen ein Gefecht geliefert. (4) Auf diese Meldung hin ließ er die Legion zu den Waffen greifen und zur Schlacht aufgestellt anrücken. Nachdem plötzlich auf allen Seiten das Signal zum Angriff gegeben worden war, bemächtigte er sich der Anhöhen. Als dies geschah, kämpften die Germanen und die Reiter mit größter Heftigkeit, da sie die Feldzeichen der Legion erblickten. (5) Unmittelbar darauf griffen die Cohorten auf allen Seiten an, nahmen alle Feinde gefangen oder töteten sie und erlangten reiche Beute. In diesem Gefecht wurde auch Drappes selbst gefangengenommen.
38. (1) Nach diesem überaus glücklichen Erfolg, der uns fast keine Verwundeten gebracht hatte, wandte sich Caninius wieder der Belagerung der Stadt zu. Er befahl, sie auf allen Seiten mit Befestigungen einzuschließen, denn jetzt war der äußere Feind vernichtet, (2) der vorher seine Befürchtungen erregt und ihn davon abgehalten hatte, seine Mannschaften zu verteilen und die Stadt durch Belagerungswerke völlig einzuschließen. (3) Am folgenden Tag traf auch C. Fabius mit seinen Truppen dort ein und übernahm es, einen Abschnitt der Stadt zu belagern.
39. (1) Caesar ließ inzwischen den Quaestor M. Antonius mit 15 Cohorten bei den Bellovacern zurück, um den Belgern keine Gelegenheit zu geben, erneut einen Aufstand zu planen. (2) Er selbst zog zu den übrigen Stämmen, befahl, mehr Geiseln zu stellen, und nahm allen durch seinen Zuspruch die Furcht. (3) Als er zu den Carnuten kam, bei denen der Krieg, wie Caesar im vorigen »Commentar« schilderte, seinen Ausgang genommen hatte, wurde ihm klar, dass sie sich fürchteten, weil sie sich ihres Verbrechens bewußt waren. Um den Stamm schneller von seinen Befürchtungen zu befreien, forderte er die Hinrichtung des Cotuatus, des Anstifters des Verbrechens, der sie zum Krieg aufgehetzt hatte. (4) Obwohl sich dieser nicht einmal seinen eigenen Stammesgenossen auslieferte, sorgten alle dafür, dass er schnell gefunden und ins Lager gebracht wurde. (5) Caesar sah sich gegen seine Natur dazu gezwungen, ihn hinrichten zu lassen, weil die Soldaten einen großen Auflauf machten und alle Gefahren und Verluste, die sie in dem Krieg erlitten hatten, auf Cotuatus schoben. Daher wurde dieser zu Tode geprügelt und dann enthauptet.
40. (1) Durch zahlreiche Briefe des Caninius erhielt Caesar dort die Nachricht von den Erfolgen gegen Drappes und Lucterius und von dem beharrlichen Widerstand der Einwohner von Uxellodunum. (2) Obwohl er ihre kleine Zahl gering einschätzte, war er der Ansicht, man müsse ihre Hartnäckigkeit schwer bestrafen, um nicht in ganz Gallien den Eindruck zu erwecken, es habe nicht an Kräften gefehlt, den Römern Widerstand zu leisten, sondern nur an Standhaftigkeit. Die übrigen Stämme sollten nicht nach dem Beispiel dieser Stadt auf ihre günstige Lage vertrauen und versuchen, ihre Freiheit wiederzuerlangen, (3) da es allen Galliern, wie er wußte, bekannt war, dass er seine Provinz nur noch diesen Sommer verwalten würde. Wenn sie diesen überstehen könnten, brauchten sie darüber hinaus keine Gefahr mehr zu fürchten, (4) Caesar ließ daher den Legaten Q. Calenus mit zwei Legionen zurück und wies ihn an, ihm sofort in gewöhnlichen Tagesmärschen zu folgen. Er selbst eilte, so schnell er konnte, mit der gesamten Reiterei zu Caninius.
41. (1) Als Caesar wider alles Erwarten nach Uxellodunum kam und bemerkte, dass die Stadt durch Belagerungswerke eingeschlossen war, so dass man unter keinen Umständen die Belagerung aufgeben konnte, dass die Einwohner, wie er von Gefangenen wußte, jedoch über Getreide im Überfluß verfügten, machte er den Versuch, den Feind von der Wasserzufuhr abzuschneiden. (2) Ein Fluß durchzog die Sohle des Tales, das fast um den ganzen Berg herumlief, auf dem die Stadt Uxellodunum lag, auf allen Seiten durch Steilabhänge gesichert. (3) Die Natur des Geländes erlaubte nicht, den Flußlauf zu verändern. Er floß nämlich so dicht an den Ausläufern des Berges entlang, dass man nirgends Gräben ausheben und ihn dadurch ableiten konnte. (4) Der Abstieg zum Fluß war jedoch für die Einwohner steil und schwierig, so dass sie, wenn unsere Soldaten sie abhalten wollten, nur unter Verlusten und unter Lebensgefahr an den Fluß herankommen und sich dann auf dem steilen Weg nach oben wieder zurückziehen konnten. (5) Als Caesar diese für die Einwohner schwierige Lage durchschaut hatte, verteilte er Bogen und Schleuderschützen, stellte sogar gegenüber einigen besonders leichten Abstiegswegen Wurfgeschosse auf und sperrte den Einwohnern den Zugang zum Wasser des Flusses.
42. (1) Danach kam die gesamte Einwohnerschaft an einen einzigen Ort, um Wasser zu holen. Denn unmittelbar unterhalb der Stadtmauer brach eine starke Quelle an einer Stelle hervor, die eine Windung des Flusses fast 300 Fuß weit freiließ. (2) Während die anderen es nur wünschten, sah Caesar als einziger einen Weg, die Einwohner von dieser Quelle abzuschneiden. Er begann, ihr gegenüber Laufgänge gegen den Berg hin vorzutreiben und einen Damm aufzuwerfen. Dies erforderte große Anstrengung und dauernden Kampf, (3) weil die Einwohner von den Anhöhen herabstürzten und von fern den Kampf aufnahmen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen, wobei sie viele Soldaten verwundeten, die beharrlich von unten nachrückten. Dennoch schreckten sie unsere Soldaten nicht davon ab, die Laufgänge weiter heranzuführen und in anstrengender Bautätigkeit alle Schwierigkeiten des Geländes zu überwinden. (4) Gleichzeitig trieben sie unterirdische Stollen zu den Wasseradern und zum Ursprung der Quelle vor, eine Arbeit, die sie ohne jede Gefahr und, ohne dass der Feind Verdacht schöpfte, ausfahren konnten. (5) Ein Damm in der Höhe von 60 Fuß wurde errichtet, darauf ein Turm von zehn Stockwerken, der freilich nicht die Höhe der Stadtmauern erreichte, da dies durch Belagerungsbauten nicht möglich war, doch überragte der Turm den hochgelegenen Ort, wo die Quelle entsprang. (6) Da von dort mit Wurfgeschützen Geschosse auf den Zugang zur Quelle geschleudert wurden, konnten die Einwohner nicht ohne Gefahr Wasser holen, so dass nicht nur das Kleinvieh und die Packpferde, sondern auch eine große Zahl von Menschen an Durst starb.
43. (1) Dieses Unglück versetzte die Einwohner in Schrecken. Sie füllten daher Fässer mit Talg, Pech und Holzspänen, zündeten sie an und wälzten sie auf die Belagerungswerke hinab, während sie gleichzeitig überaus hitzig angriffen, um die Römer durch den Kampf zu gefährden und dadurch davon abzuschrecken, den Brand zu löschen. (2) Plötzlich brach auf den Befestigungswerken selbst ein großes Feuer aus, denn was auch immer über den steilen Abhang von hoch oben heruntergeworfen wurde, prallte zwar zunächst auf den Damm und die Laufgänge auf, setzte dann aber diese Hindernisse selbst in Brand. (3) Doch obwohl unsere Soldaten durch diese gefährliche Art des Kampfes auf ungünstigem Gelände in Bedrängnis gerieten, wehrten sie alles aufs tapferste ab. (4) Denn dieser Vorfall ereignete sich nicht nur an erhöhter Stelle, sondern auch vor den Augen unseres Heeres, und auf beiden Seiten erhob man ein lautes Kampfgeschrei. Daher warf sich jeder möglichst augenfälligsten Geschossen der Feinde und dem Feuer entgegen, um seine Tapferkeit vor noch mehr Zeugen offenkundig werden zu lassen.
44. (1) Als Caesar sah, dass einige seiner Soldaten verwundet wurden, ließ er die Cohorten auf allen Seiten der Stadt den Berg ersteigen und überall das Kampfesschrei erheben, als wollten sie die Mauern besetzen. (2) Dadurch gerieten die Einwohner in höchsten Schrecken, und da sie im unklaren darüber waren, was in den übrigen Stadtteilen geschah, riefen sie ihre Bewaffneten vom Kampf gegen die Belagerungswerke zurück und verteilten sie auf den Mauern. (3) Da der Kampf auf diese Weise ein Ende fand, konnten unsere Soldaten schnell den in Brand geratenen Damm löschen oder Teile davon einreißen. (4) Als die Einwohner der Stadt jedoch weiter bei ihrem Vorsatz blieben und hartnäckig Widerstand leisteten, obwohl schon ein großer Teil der Bevölkerung verdurstet war, wurden schließlich die Wasseradern der Quelle mit unterirdischen Gängen abgeschnitten und in andere Bahnen gelenkt. (5) Dadurch trocknete die sonst stetig fließende Quelle plötzlich aus und versetzte die Einwohner der Stadt in eine solche Verzweiflung an ihrer Rettung, dass sie glaubten, dies sei nicht nach einem menschlichen Plan, sondern mit göttlichem Willen geschehen. Die Notlage zwang sie daher, sich zu ergeben.
45. (1) Da Caesar wußte, dass seine Milde allgemein bekannt war, brauchte er den Eindruck nicht zu fürchten, er sei auf Grund seiner grausamen Natur zu hart vorgegangen. Er sah jedoch nicht, wie er das Ziel seiner Pläne erreichen sollte, wenn sich noch mehr Stämme an verschiedenen Orten zu einem solchen Vorgehen entschlössen. Daher glaubte er, er müsse die übrigen durch eine exemplarisch harte Bestrafung der Einwohner abschrecken. Erließ deshalb allen, die Waffen getragen hatten, die Hände abhauen, schenkte ihnen aber das Leben, um die Strafe für ihre Schlechtigkeit augenfälliger werden zu lassen. (2) Drappes, den Caninius, wie ich berichtete, gefangengenommen hatte, verweigerte einige Tage die Nahrung und kam so ums Leben, sei es , dass ihn der Verlust seiner Würde, der Schmerz über seine Fesselung oder aber die Furcht vor einer zu schweren Bestrafung leiteten. (3) Um dieselbe Zeit geriet Lucterius, der, wie ich schrieb, aus der Schlacht geflohen war, in die Gewalt des Arverners Epasnactus. Lucterius hatte immer wieder seinen Aufenthaltsort gewechselt und sein Vertrauen auf immer neue Männer gesetzt, denn er konnte anscheinend nirgends länger ungefährdet bleiben, weil ihm bewußt war, wie feindlich Caesar gegen ihn eingestellt sein mußte. Der Arverner Epasnactus, der dem römischen Volk überaus freundlich gesinnt war, lieferte Lucterius ohne Zögern gefesselt an Caesar aus.
46. (1) Währenddessen siegte Labienus im Gebiet der Treverer in einem Reitergefecht und tötete mehrere Treverer und Germanen, die niemandem Unterstützung gegen Rom verweigerten. Er brachte die Anführer der Treverer lebend in seine Gewalt, unter ihnen den Haeduer Surus, (2) der in seinem Stamm auf Grund seiner Tapferkeit und Herkunft besonders hoch geachtet war und als einziger der Haeduer bis zu diesem Zeitpunkt weitergekämpft hatte.
47. (1) Auf diese Nachricht hin brach Caesar mit zwei Legionen nach Aquitanien auf. Zwar hatte P. Crassus einen Teil davon schon unterworfen, doch war Caesar selbst noch nie dorthin gekommen. Da er sah, dass die Römer überall in Gallien erfolgreich gewesen waren und Gallien in den vergangenen Sommern völlig besiegt und unterworfen worden war, wollte er den Rest des Sommers in Aquitanien verbringen. (2) Wie alles sonst führte er auch dieses Unternehmen schnell und glücklich durch. Denn alle Stämme Aquitaniens schickten Gesandte zu ihm und stellten Geiseln. (3) Nach diesem Erfolg brach Caesar mit einer Schutztruppe aus Reitern nach Narbo auf und ließ die Legaten das Heer in die Winterlager führen. (4) Vier Legionen legte er unter den Legaten M. Antonius, C. Trebonius und P. Vatinius nach Belgien. Zwei ließ er in das Gebiet der Haeduer ziehen, die, wie er wußte, das höchste Ansehen in ganz Gallien genossen. Zwei Legionen legte er in das Gebiet der Turonen an die Grenze zu den Carnuten; sie sollten das ganze an den Ozean grenzende Land ruhig halten. Die beiden restlichen Legionen sollten an den Grenzen der Lemovicer, nicht weit vom Gebiet der Arverner entfernt, überwintern, damit kein Teil Galliens ohne römische Besatzung wäre. (5) Darauf hielt sich Caesar einige Tage in der Provinz auf, besuchte rasch alle Gerichtstage, entschied über öffentliche Streitfälle und verteilte Belohnungen an Männer, die sich verdient gemacht hatten. (6) Er hatte nämlich die beste Gelegenheit gehabt zu erfahren, wie sich jeder beim Aufstand von ganz Gallien verhalten hatte, den er nur auf Grund der Treue und mit Hilfe dieser Provinz hatte abwehren können. Nach diesen Maßnahmen begab er sich zu den Legionen nach Belgien zurück und überwinterte in Nemetocenna.
48. (1) Dort erfuhr er, dass der Atrebate Commius seiner Reiterei eine Schlacht geliefert hatte. (2) Denn als Antonius ins Winterlager gekommen war und der Stamm der Atrebaten seine Verpflichtungen auch einhielt, machte Commius die Wege unsicher und hatte bei Überfällen mehrere Nachschubtransporte abgefangen, die ins römische Winterlager gingen. Nach der oben erwähnten Verwundung pflegte Commius seinen Stammesgenossen immer für Aufstandsversuche zur Verfügung zu stehen, damit sie, wenn sie einen Krieg planten, einen Mann hätten, der ihn in Gang setzen könnte und anführte. Während sein Stamm den Römern gehorchte, hatte er mit seinen Reitern Raubzüge unternommen, um sich und seine Anhänger zu ernähren.
49. (1) Antonius hatte zu seiner Unterstützung eitlen Reiterpraefecten erhalten, der mit ihm im Winterlager stand, C. Volusenus Quadratus. Diesen sandte Antonius aus, um die feindliche Reiterei zu verfolgen. (2).In Volusenus vereinten sich einzigartige Tapferkeit mit einem gewaltigen Haß auf Commius, so dass er diesem Befehl um so bereitwilliger nachkam. Er legte seine Truppen an einigen Stellen in den Hinterhalt und griff die Reiter des Commius wiederholt und mit Erfolgen. (3) Als beim letzten derartigen Zusammenstoß erbittert gekämpft wurde und Volusenus in seinem Eifer, Commius selbst zu fangen, ihn mit wenigen Reitern zu hartnäckig verfolgte, hatte Commius ihn in wilder Flucht zu weit weggelockt. Da rief er, der Volusenus seinerseits haßte, plötzlich die Seinen zu Treue und Unterstützung für den Versuch auf, seine Wunden nicht ungerecht zu lassen, die er im Vertrauen auf ein gegebenes Wort empfangen habe. Er wandte sein Pferd und warf sich, ohne sich um die übrigen zu kümmern und ohne jede Vorsicht, auf den Praefecten. (4) Das gleiche taten alle seine Reiter, so dass sie unsere wenigen Reiter in die Flucht schlugen und verfolgten. (5) Commius trieb sein Pferd mit den Sporen an und drängte neben das Pferd des Quadratus. Mit seiner Lanze durchbohrte er haßerfüllt mit aller Kraft den Oberschenkel des Quadratus. (6) Obwohl ihr Praefect verwundet war, zögerten unsere Reiter nicht, Widerstand zu leisten, und wandten ihre Pferde, um den Feind in die Flucht zu schlagen. (7) Daraufhin wurden mehrere Feinde infolge des heftigen Ansturms der Unseren ins Wanken gebracht und verwundet, so dass sie teils auf der Flucht aufgerieben, teils gefangengenommen wurden. Ihr Führer entging diesem Unglück dank der Schnelligkeit seines Pferdes. Das Gefecht war zwar für uns siegreich verlaufen, doch unser Reiterpraefect war so schwer verwundet, dass er in Lebensgefahr zu schweben schien und so ins Lager zurückgebracht wurde. (8) Commius aber schickte Gesandte an Antonius, sei es, weil seine Wut nun abgekühlt war, sei es, weil er einen großen Teil der Seinen verloren hatte, und ließ Antonius versichern, er werde an dem Ort bleiben, den er ihm anweise, werde Geiseln stellen und allen seinen Anordnungen nachkommen. Als einziges bat er sich jedoch aus, dass man auf seine Furcht Rücksicht nehme und ihn nicht vor die Augen eines Römers kommen lasse. (9) Da Antonius der Ansicht war, diese Forderung entspringe einer berechtigten Furcht, gewährte er ihm seine Bitte und nahm die Geiseln an. (10) Ich weiß, dass Caesar je einen »Commentar« über ein Jahr verfaßte, doch war ich der Meinung, ich sollte das nicht tun, weil im folgenden Jahr unter den Consuln L. Paulus und C. Marcellus in Gallien nichts von Bedeutung geschah. (11) Damit jedoch niemand in Unkenntnis darüber bleibt, wo Caesar und das Heer in dieser Zeit standen, beschloß ich, davon zu berichten und diesem »Commentar« eine kurze Darstellung darüber anzufügen.
50. (1) Während Caesar in Belgien überwinterte, hatte er sich als einziges Ziel gesetzt, die Stämme in ihrem freundschaftlichen Verhältnis zu Rom zu erhalten und weder Hoffnung auf eine bewaffnete Auseinandersetzung aufkommen zu lassen noch Anlaß dazu zu geben. (2) Denn nichts wünschte er weniger, als kurz vor Ende seiner Statthalterschaft gezwungen zu werden, einen Krieg zu führen, damit er nicht beim Abzug des Heeres einen Kriegsschauplatz zurückließe. Denn ganz Gallien würde bereitwillig in den Krieg eintreten, wenn keine unmittelbare Gefahr drohte. (3) Er erwies daher den Stämmen alle möglichen Ehren, ließ den fahrenden Männern bedeutende Belohnungen zukommen und legte dem Land keine neuen Lasten auf, so dass er für das durch so viele Niederlagen erschöpfte Gallien eine Unterwerfung vorteilhafter erscheinen ließ und auf diese Weise mühelos den Frieden erhalten konnte.
51. (1) Nach seinem Aufenthalt im Winterlager brach er gegen seine Gewohnheit, so schnell er konnte, in Eilmärschen nach Italien auf, um sich in den Municipien und Colonien, die er gebeten hatte, die Kandidatur seines Quaestors M. Antonius für ein Priesteramt zu unterstützen, persönlich für ihn einzusetzen. Er gebrauchte dabei seinen Einfluß besonders gern für einen ihm überaus verbundenen Mann, den er kurz zuvor nach Rom vorausgesandt hatte, damit er sich bewerben könne. (2) Gleichzeitig kämpfte er dabei erbittert gegen den mächtigen Zusammenschluß einiger wenige, die M. Antonius durchfallen lassen wollten, um damit das Ansehen Caesars zu untergraben, gerade jetzt, wenn er aus seiner Provinz zurückkehrte. (3) Obwohl er noch vor seinem Eintreffen in Italien auf dem Marsch erfuhr, dass Antonius zum Angut gewählt worden war, glaubte er, der Anlaß, die Municipien und Colonien aufzusuchen, sei dadurch nicht weniger gerechtfertigt. Denn einmal wollte er ihnen danken, dass sie in so großer Zahl ihren Verpflichtungen gegenüber Antonius nachgekommen seien, gleichzeitig wollte er ihnen seine eigene Person und seine Ehre für seine Kandidatur im folgenden Jahr fehlen. Denn seine Feinde rühmten sich in unverschämter Weise, dass L. Lentulus und C. Marcellus zu Consuln gewählt worden waren, die Caesar seiner Ehre und seines Ansehens berauben wollten. Ebenso brüsteten sie sich damit, dass man Ser. Galba das Consulat entrissen hatte, obwohl seine Beliebtheit bei den Wählern bei weitem größer gewesen war. Dies war geschehen, weil er Caesars Freund und ihm auf Grund seines Dienstes als Legat unter ihm verbunden war.
52. (1) Alle Municipien nahmen Caesar bei seinem Eintreffen mit unglau61icher Zuneigung und unter großen Ehren auf. Denn damals kehrte er zum ersten Mal von jenem Krieg zurück, der ganz Gallien erfaßt hatte. (2) Es fehlte nichts, was sie sich zum Schmuck der Tore, der Wege und Oberhaupt aller Plätze, zu denen Caesar kommen würde, ausdenken konnten. (3) Die ganze Bevölkerung kam im mit ihren Kindern auf dem Weg entgegen, überall wurden Opfertiere geschlachtet, und überall in Tempeln und auf den Marktplätzen standen mit Teppichen bedeckte Speisediwans für Gastmähler, so dass man sich den Jubel bei einem prächtigen Triumph schon im voraus vorstellen konnte; derart groß war de Pracht, die die Wohlhabenden entfalteten, aber auch die Begeisterung, die die unteren Schichten zeigten.
53. (1) Als Caesar alle Gegenden des römischen Gallien durcheilt hatte, kehrte er in höchster Geschwindigkeit zu seinem Heer nach Nemetocenna zurück und berief die Legionen aus allen Winterlagern an die Grenzen der Treverer ein. Er selbst brach dorthin auf und musterte das Heer. (2) T. Labienus übertrug er die Verwaltung des römischen Gallien; er sollte es durch weitere Empfehlungen für Caesars Bewerbung um das Consulat gewinnen. (3) Caesar selbst legte nur soviel an Weg zurück, wie es ihm jeweils für eine Ortsveränderung aus gesundheitlichen Gründen erforderlich schien. Obwohl er dabei wiederholt hörte, dass seine Feinde Labienus aufhetzten, und auch die Nachricht erhielt, auf den Plan einiger weniger hin arbeite man daran, ihn mit Hilfe eines Senatsbeschlusses eines Teils seines Heeres zu berauben, glaubte er den Gerüchten über Labienus nicht und konnte nicht dazu veranlaßt werden, irgend etwas gegen den Willen des Senates zu tun. Er glaubte nämlich, seine Sache könne leicht vertreten werden, wenn es im Senat die Möglichkeit zu freier Meinungsäußerung gebe. (4) Als der Volkstribun C. Curio die Aufgabe übernommen hatte, Caesars Ansprüche und sein Ansehen zu verteidigen, hatte er dem Senat wiederholt versichert, Caesar und Pompeius würden beide auf kriegerische Handlungen verzichten und ihre Heere entlassen, falls irgend jemand die Angst vor Caesars Heer beunruhige, und weil ja die tyrannische Herrschaft des Pompeius und sein Heer in Rom keinen kleineren Schrecken hervorriefen. Durch die Entlassung der Heere erhalte der Staat dann Freiheit und Selbstbestimmung. (5) Curio gab nicht nur diese Zusicherung ab, sondern begann auch, von sich aus darüber abstimmen zu lassen. Die Consuln und Freunde des Pompeius schritten jedoch erfolgreich gegen ihn ein, um eine Abstimmung zu verhindern. Durch diese Verzögerung schlugen sie die ganze Sache nieder.
54. (1) Die Haltung des gesamten Senates bewies überzeugend ein weiterer Vorgang, der mit dem oben berichteten inhaltlich übereinstimmte. Im vergangenen Jahr hatte der Consul M. Marcellus, der sich eifrig bemühte, Caesars Ansehen zu schaden, im Widerspruch zu dem Gesetz des Pompeius und des Crassus im Senat vorzeitig über Caesars Provinzen verhandelt. Nachdem die Senatoren ihre Ansichten dazu vorgebracht hatten, war Marcellus, der sein ganzes Ansehen seinem Haß gegen Caesar verdankte, in die Abstimmung eingetreten, doch war die Mehrheit des Senates zu anderen Verhandlungspunkten übergegangen. (2) Dadurch ließen sich die Feinde Caesars jedoch nicht entmutigen, sondern fühlten sich dazu aufgefordert, mehr Anhänger für ihre Sache zu gewinnen, um den Senat zu einer Zustimmung zu ihren eigenen Beschlüssen zwingen zu können.
55. (1) Daraufhin beschloß der Senat, dass Cn. Pompeius für den Partherkrieg eine Legion abgeben solle, Caesar eine zweite. Ganz offensichtlich wurden diese beiden Legionen aber einem einzigen entzogen, (2) denn Pompeius gab ausgerechnet die 1. Legion ab, die er Caesar gesandt hatte, als ob sie zu seinen Legionen gehörte. Sie war jedoch nach einer Aushebung in Caesars Provinz entstanden. (3) Obwohl nicht der geringste Zweifel über die Absichten seiner Gegner bestand, sandte Caesar Pompeius dennoch die Legion zurück. Als seinen eigenen Beitrag ließ er die 15. Legion, die er im diesseitigen Gallien stehen hatte, auf den Senatsbeschluß hin übergeben. An ihrer Stelle sandte er die 13. Legion nach Italien, die die Stützpunkte sichern sollte, aus denen die 15. Legion abgezogen wurde. (4) Dann wies er selbst dem Heer die Winterlager zu: C. Trebonius legte er mit vier Legionen nach Belgien, C. Fabius ließ er mit ebenso vielen Legionen in das Gebiet der Haeduer ziehen, (5) denn er glaubte, Gallien sei am besten gesichert, wenn die Belger, die am tapfersten waren, und die Haeduer, die das größte Ansehen genossen, durch Heere in Schach gehalten wurden. Caesar selbst brach nach Italien auf. 55 (1) Als er dort eintraf, erfuhr er, dass der Consul C. Marcellus die zwei von Caesar Übergebenen Legionen Pompeius unterstellt hatte, so dass sie in Italien zurückgehalten wurden, obwohl sie auf Senatsbeschluß in den Krieg gegen die Parther geführt werden sollten. (2) Wenn nach dieser Maßnahme auch niemand mehr daran zweifelte, dass Vorkehrungen gegen Caesar getroffen würden, beschloß dieser dennoch, alles hinzunehmen, solange ihm noch irgendeine Hoffnung blieb, den Konflikt eher auf dem Rechtswege als durch einen Krieg auszutragen. Er
tranlated by Jan Jansen